Julia Mayer und Sebastian Frey (beide DSG Wien) haben sich in überlegender Manier die Crosslauf-Staatsmeistertitel 2022 geholt. Bei spätherbstlichen Temperaturen und trockenen Bedingungen übernahmen die beiden auf der technisch anspruchsvollen Crosslauf-Strecke von Lorüns früh die Initiative und liefen jeweils einen klaren Vorsprung heraus. Im Kurzstreckenrennen der Männer gab das 18-jährige Lauftalent Kevin Kamenschak (ATSV Linz LA) der Konkurrenz ein Tempo vor, auf das diese keine Antwort fand.

Julia Mayer wurde ihrer klaren Favoritenrolle im Frauenrennen über 4.910 Metern (zwei kurze und zwei lange Runden) gerecht und feierte am Taleingang des Montafons ihren dritten Staatsmeistertitel in dieser Disziplin in Folge. „Das war ein sehr solides Rennen auf einer schwierigen Strecke“, zog die 29-Jährige ein positives Fazit ihres Auftritts. Nachdem der Rest des Feldes nach der ersten kurzen Runde noch Kontakt zu ihr hatte, ging auf der zweiten die Lücke auf und der Vorsprung wuchs sukzessive, was Mayer besonders zufriedenstellte. „Die Rundenzeiten waren jeweils ähnlich, das heißt ich konnte das Tempo bis zum Schluss hoch halten, was oft gar nicht so leicht ist, wenn man alleine unterwegs ist und die Strecke sich so technisch anspruchsvoll präsentiert.“

Ihren Auftritt, der nach 18:05 Minuten beendet war, sah die mehrfache Staatsmeisterin auf diversen Laufdistanzen im nun zu Ende gehenden Jahr auch unter einem anderen Gesichtspunkt als positiv, nachdem sie aus gesundheitlichen Gründen verspätet ins herbstliche Vorbereitungstraining eingestiegen ist. „Cross ist immer ein gutes Training. Und das Alleine-Laufen und dabei das Tempo hochhalten, das sind auch Skills, die man gut können muss, wenn man an internationale Aufgaben herantritt.“ Das tut Mayer, die die Crosslauf-EM in Turin am 11. Dezember fest im Blick hat und davor am 28. November bei dem international beliebten und gut besetzten Crosslauf mit reger europäischer Teilnahme in Tilburg in Holland teilnehmen wird. Karl Sander, Trainer der DSG Wien, die am heutigen Tage etliche Erfolge in Einzel- und Vereinswertungen zu feiern hatte, zeigt sich mit Mayers Weg Richtung Crosslauf-EM in Turin zufrieden: „Sie hat das, was sie sich vorgenommen hat, heute gut umgesetzt. Nächste Woche in Tilburg mit der internationalen Konkurrenz werden wir sehen, wo sie wirklich steht.“

Leser und Kramer in den Altersklassen U23 und U20 voran

Ein spannender Kampf um die weiteren Medaillen entwickelte sich hinter Mayer. Carla Maier (ITSG Sektion Running) und Femke Kramer (Club RunAustria) führten die Verfolgergruppe auf den ersten beiden kleinen Runden an. Während der ersten großen schob sich Anna Leser (LT Bgld. Eisenstadt) auf die zweite Position, die sie mit einem immer deutlicher werdenden Vorsprung nach hinten auch halten konnte. „Ich bin total überrascht über den zweiten Platz und daher überglücklich. Ich habe mich zu Rennmitte wirklich gut gefühlt und konnte deshalb die Initiative übernehmen“, so die 21-jährige Burgenländerin, die mit der Zeit von 18:40 Minuten den Österreichischen Meistertitel in der Altersklasse U23 gewann.

Das Duell um Bronze entschied sich in der letzten Runde zugunsten von Carla Maier (18:58), Femke Kramer sicherte sich in einer Zeit von 19:10 Minuten die Goldmedaille in der Altersklasse U20. „Ich verliebe mich immer mehr in diese Sportart“, gestand die Pinzgauerin, die im Skigymnasium Saalfelden als Biathletin ausgebildet wurde, ihrer Leidenschaft Laufen aber seit vielen Jahren eine hohe Wertschätzung zukommen lässt. Der Wechsel in die Leichtathletik war daher für sie ein logischer Schritt. Nach ihrem ersten Wettkampf im Crosslauf erkannte die U20-Meisterin im 5.000m-Lauf Parallelen zum Skilanglauf, insbesondere durch die vielen Kurven und Rhythmuswechsel. „Ingesamt bin ich recht zufrieden. Es war kein leichter Wettkampf, aber auch er ist eine wichtige Erfahrung, die mir hilft, immer besser ins Laufen reinzukommen.“

Freys Titelpremiere mit Stil

Bei den Männern, die eine Langdistanz von 9.775 Meter absolvierten (eine kurze und fünf lange Runden), feierte Sebastian Frey seinen ersten Staatsmeistertitel im Crosslauf, seinen zweiten insgesamt nach jenem im 10.000m-Lauf, ebenfalls in diesem Jahr. Der 20-Jährige war nicht nur aufgrund der Abwesenheit von Titelverteidiger Andreas Vojta und den Innerhofer-Zwillingen der klare Favorit. Dem Wiener gelang im abgelaufenen Wettkampfsommer eine eindrucksvolle Steigerung seines Leistungsniveaus, die sein Trainer Karl Sander auf die logische Weiterentwicklung der kontinuierlichen und gezielten Arbeit in den vergangenen Jahren zurückführte.

Frey zeigte in Lorüns sein Können mit einer frühen Tempoverschärfung, die das Rennen in ein schnelles verwandelte. Sein Vorsprung auf Marcel Tobler (ULC Riverside Mödling) wurde von Runde zu Runde größer, seine Rundenzeiten blieben wie gewünscht auf konstant hohem Niveau. „Das Rennen ist mir gut gelungen. Ich wusste, dass ich im Vorfeld gut trainiert habe und die Form dementsprechend zufriedenstellend ist und daher habe ich mir hier ein schnelles Rennen vorgenommen“, bilanzierte Frey. In einer Zeit von 31:03 Minuten verwies er Tobler (31:45 Minuten) und Jannis Bonek (DSG Wien, 32:24 Minuten) auf die weiteren Medaillenplätze. Isaac Torotich Kosgei (TGW Zehnkampf Union), der das Kurzstreckenrennen in den Beinen hatte, kam als bester Mastersläufer auf Platz vier ins Ziel.

18-jähriger Kamenschak gewinnt Kurzstreckenrennen

Dem Kurzstreckenrennen der Männer über die Distanz von 3.660 Meter (zwei große Runden) drückte Kevin Kamenschak (ATSV Linz LA) früh den Stempel auf. „Wie mit Andi (Prem, Kamenschaks Coach, Anm.) besprochen, habe ich ein hohes Tempo angeschlagen. Ich war dann überrascht, dass niemand mitgegangen ist“, sagte der 18-Jährige nach dem Rennen. Nachdem der Linzer nach seinem Dienst beim Bundesheer erst seit gut einer Woche wieder voll im Training ist, spürte er die Belastung auf der zweiten Runde ziemlich, konnte aber nicht mehr von der Spitze verdrängt werden. „Ich bin sehr zufrieden mit meiner heutigen Leistung. Sie entfacht einen starken Rückenwind für die kommenden drei Wochen Richtung EM, in denen ich viele spezifische Trainingseinheiten umsetzen werde. Gelingen die, wird sich die Form für Turin deutlich verbessern“, bilanzierte der Sieger.

In einer Zeit von 11:12 Minuten verwies Kamenschak, der mit diesem Sieg auch Österreichischer Meister in den Altersklassen U23 und U20 wurde, Tobias Rattinger (LAC Amateure Steyr, 11:21) und Raphael Pallitsch (SVS Leichtathletik, 11:27) auf die weiteren Medaillenplätze. Der Oberösterreicher, der mitten in eine Prüfungsphase an der Medizinischen Universität in Innsbruck gerade auch auf einer anderen Ebene ziemlich gefordert ist, strahlte nach der Silbermedaille: „Ich wusste, dass die Form stimmt. Aber dennoch bin ich überrascht, wie gut ich dieses Rennen über die Bühne gebracht habe.“ Auch Pallitsch, der im Alter von 33 Jahren zum ersten Mal bei Crosslauf-Staatsmeisterschaften dabei war, freute sich über Bronze: „Ich habe im Vorfeld gedacht: Wenn alles zusammenpasst, vielleicht eine Medaille.“ Von der Schwierigkeit dieser Disziplin durfte er sich vor allem auf der zweiten Runde überzeugen. „Die Lunge hat gebrannt, die Beine und auch die Arme waren schwer. Eigentlich hätte ich nach einer Runde Schluss machen können, die zweite war eine Qual. Aber: Crosslauf ist Charakterschule – und deshalb war ich dabei!“

Als zweitschnellster U20-Athlet verpasste Emil Bezecny (Leichtathletik Akademie Eisenstadt) nur um sieben Sekunden eine Medaille, Timo Hinterndorfer (DSG Wien), wie Kamenschak und Bezecny Jahrgang 2004, folgte drei Sekunden später. Somit sind sieben der Top-Ten im Kurzstreckenrennen im neuen Jahrtausend geboren.

Spannende Nachwuchsrennen

Starke Leistungen gab es in Lorüns auch in den Nachwuchs- und Mastersklassen. Eine der spannendsten Entscheidungen war gleich die chronologisch erste in der Altersklasse U14, wo Lea Barbara Kassl (ULC Riverside Mödling) den Endspurt aus einer Dreiergruppe gewann. Hochspannend verlief das Duell zwischen Markus Reißelhuber (team2012.at) und Barnaby Sellers (TS Innsbruck) in der Altersklasse U18. Der Tiroler Hindernisläufer setzte sich in der letzten Runde erst ab und wurde am letzten Anstieg vom Wiener noch überholt, der das Blatt endgültig wendete. Tabea Schmid (ULC Riverside Mödling) feierte in der U18-Klasse der Mädchen einen Start-Ziel-Sieg vor Ann-Kathrin Gruber und Angelina Kürten (beide Union Salzburg LA), Pauline Schedler (TS Egg) setzte sich in der Alterklasse U16 gegen Fabiola Fortschegger (Union Raika Lienz) durch. Julian Mesi (SU IGLA long life) und Daniel Schaufler (Union Waidhofen/Ybbs) wurden Österreichische Meister in den Altersklassen U16 und U14.

„Richtig geile Strecke“

Überzeugen konnten in Lorüns nicht nur die sportlichen Leistungen, sondern auch die Veranstaltungsqualität. Der Organisator setzte ein Event der kurzen Wege und mit einem perfekt getimten Zeitplan um und bot Österreichs besten Crossläuferinnen und Crossläufern eine interessante, abwechslungsreiche und anspruchsvolle Strecke. „Richtig geil! Alles, was Cross ausmacht, findet man hier auf dieser Strecke“, lobte Sebastian Frey. Etliche gut markierte Wurzeln und weitere Unebenheiten mussten beachtet werden, zwei knackige Anstiege und ein tückisches Bergabstück sowie eine stark nach außen abfallende Kurve bildeten spannende Highlights entlang des Kurses, der unterschiedliche Bodenbegebenheiten aufwies. „Die vielen kleinen natürlichen Hindernisse machten es extrem schwierig, gut im Rhythmus zu bleiben. Eine wirklich schöne und fordernde Crosslaufstrecke“, fand auch Julia Mayer.


Die Staatsmeister im Crosslauf 2022
:

Männer (9.775 Meter): Sebastian Frey (DSG Wien)
Frauen (4.910 Meter): Julia Mayer (DSG Wien)


Die Österreichischen Meister im Crosslauf 2022:

Kurzstrecke Männer (3.660 Meter): Kevin Kamenschak (ATSV Linz LA)
U23 Frauen (4.910 Meter): Anna Leser (LT Bgld Eisenstadt)
U23 Männer (3.660 Meter): Kevin Kamenschak (ATSV Linz LA)
U20 Mädchen (4.910 Meter): Femke Kramer (Club RunAustria)
U20 Männer (3.660 Meter): Kevin Kamenschak (ATSV Linz LA)
U18 Mädchen (3.660 Meter): Tabea Schmid (ULC Riverside Mödling)
U18 Burschen (3.660 Meter): Markus Reißelhuber (team2012.at)
U16 Mädchen (2.455 Meter): Pauline Schedler (TS Egg)
U16 Burschen (2.455 Meter): Julian Mesi (SU IGLA long life)
U14 Mädchen (1.830 Meter): Lea Barbara Kassl (ULC Riverside Mödling)
U14 Burschen (1.830 Meter): Daniel Schaufler (Union Waidhofen/Ybbs)


Alle Ergebnisse der Österreichischen Crosslauf-Meisterschaften 2022 in Lorüns

Fotos: © Veranstalter / Foto Lerch

20/11/22 16:28, Text: Thomas Kofler

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